Carlos Esteban Hijo Áureo (gefallen)

Name:
Carlos Esteban Hijo Áureo

Titel:
Hijo Áureo

Rang:
Kampfmagier

Charakterklasse:
Zauberer

Amtssitz:
Oporto Áureo (Hafen von Isla Áurea)

Im Jahr 4 n.E., Kurierschiff „Pájaro Áureo”

sla Áurea ... Von Ferne sieht man die Spitze des Hafenturms, das Erste, was der Seereisende von Oporto Áureo, meiner Heimat, zu sehen bekommt. Lange war ich nicht mehr hier. Lange war ich auf der Scola Servicante – und überall, wohin mich die Chankra-Kriege geführt haben. Überall, wo ich gebraucht wurde. Ich erinnere mich gut an die Straßen dieser Stadt, mit Freunden und Familie, und an die Tage im Kontor, bei der Arbeit und beim Spiel. Viel Zeit ist seitdem vergangen, viel Zeit in der Fremde für mich. Aber die Zeit auf der Scola hat mir gut getan. Ich habe vieles gelernt. Von der Magie und vom Kriege.
Vater hat mich in jungen Jahren ausgesandt, „um zu lernen”. Mein Vater, Esteban Carlos Torralba, Ratsherr im Inselrat von Isla Áurea, für die Fernhändler von Oporto Áureo. Der Inselrat, unsere Regierung: Ein merkwürdiges Gebilde, mit einer langen Geschichte. Ursprünglich ein Zusammenschluss von Vertretern der Händler und Bergleute, die das Gold der Insel ausbeuten. Gegründet wurde er mit dem Ziel, gemeinsam die hiesige Infrastruktur zu entwickeln, um Handel und Bergbau zu erleichtern. Die Ratsmitgliedschaft wird seit je her mit den Steuerabgaben gekauft, nach dem bewährten Grundsatz: „Quien paga decide.” oder „Wer bezahlt, entscheidet.” Bald schlossen sich auch Vertreter der Handwerker, Bauern und Fischer dem Rat an – keiner von ihnen konnte allein mit den Beiträgen der großen Händler und Bergwerksbetreiber mithalten, aber gemeinsam waren sie von Bedeutung, und durch das Zusammenlegen ihrer Beiträge und die Bündelung ihres Einflusses errungen sie das Recht, eigene Vertreter zu entsenden. Mit der Zeit wurden die meisten Ratssitze de facto erblich – wie eben auch die Besitzungen, auf denen sie sich begründeten, und die durch den Einfluss, den ein Ratssitz brachte, nur noch besser gemehrt werden konnten. Eine große Aufgabe des Rates wurde es bald auch, die Finger, die räuberische Banditen, wie die Riffpiraten, nach uns ausstreckten, von der Insel abzuhalten. Unser Reichtum, gegründet auf mit harter Arbeit dem Boden der Insel im Krater von Cidade Áurea abgerungenem Gold, welches unsere Händler unter großen Gefahren über die Seewege des Riffes in die ganze Welt verschickten, um mit reichen Sortimenten fremder Waren zur Insel zurückzukehren, erweckte deren Gier. Ihre Übergriffe nahmen in solchem Maß überhand, dass jene Tage aufgrund der immer präsenten Furcht vor Raub und Gewalt die „Días del miedo” oder „Tage der Angst” genannt wurden. Doch Milizen wurden aufgestellt, Waffen wurden gekauft und Bürger daran ausgebildet.

In dieser Zeit entstand auf Druck des Volkes und der volksnahen Ratsherren der Fischer und Bauern die Gesetzesschrift „La libertad sólo se paga con sangre” oder „Nur Blut kann Freiheit kaufen!”, die bestimmte, dass nicht mit Gold und Steuern allein die Entscheidungsgewalt erworben werden kann. Während schon lange immer mehr Bürger Dienste an der Waffe leisten mussten, wurden mir diesem Gesetz auch die Ratsherren verpflichtet ihren Teil beizutragen. Ratsherr konnte fortan nur noch werden, wer bereit war, einen seiner Söhne den Milizen der Inseln zu übergeben. Dieser musste sich dann verpflichten, den so genannten „Servicio Milicar” oder „Milizdienst” leisten. Diese Söhne der Ratsherren legten ihre alten Nachnamen ab. So wurden sie fortan die Söhne der Isla Áurea, oder Hijos Áureos, genannt. Da ihre wohlhabenden Eltern in diesen Tagen immer viel in ihre Ausbildung und Ausrüstung investierten, wurden sie häufig bedeutende Offiziere oder Kampfmagier, und erlangten oft großes Ansehen in der Inselmiliz. Auch bereits seit jener Zeit ist es den Hijos Áureos verboten, jegliche Art von Schmuck aus Edelmetall oder Edelstein zu tragen. Dies soll sie daran erinnern, dass sie Diener, nicht Herren, der Insel sind. Aus jener Zeit stammen die einfachen grauen Waffenröcke ohne Wappen, die bis heute, geschmückt nur mit einer einfachen Steinscheibe als Rangabzeichen, viele Offiziere von Isla Áurea tragen. Diese – leider inzwischen vergangenen – Tage nennt man auf Isla Áurea auch die „Días de gloria” oder „Tage des Ruhmes”.

Doch wir alle wissen von der Unsitte und Unvernunft der Mütter, das Blut ihrer Kinder mehr zu lieben, als das Land, das das freie Leben ihrer Kinder erst ermöglicht. Es folgte eine Zeit geringerer äußerer Bedrohungen, eine Zeit schwacher Ratsherren und übermächtiger Ehefrauen, eine Zeit geprägt von großem materiellem Reichtum, aber mit einem Geist geringer Verantwortung und Disziplin. Immer mehr Söhne der Insel besetzten Stellen in der Verwaltung der Milizen, anstatt im Felde zu führen. Und als erst die Milizverwaltung Präzedenzfall geworden war, setzte sich diese Tendenz fort – schließlich konnten die Söhne der Insel auch auf rein zivile Verwaltungsposten gesetzt werden. Die Rechtfertigung dieser Regelung war die Behauptung, dass die zivile Verwaltung Aufgaben von genauso großer Wichtigkeit wie das Militär zu erfüllen habe.
So wurde schleichend, aber stetig weiter, der „Servicio Social” oder „Zivile Dienst” eingeführt, ja wurde schließlich zur Regel, bis keine einzige der Ratsfamilien mehr ihre Söhne zu Soldaten machen wollte. Aus den wehrhaften „Hijos Áureos” wurden die „Hijos Administrativos” oder „Verwaltungssöhne”. Nicht diszipliniert und mit dem eisernen Willen eines Kriegers, sondern dekadent von müßiger Ruhe auf überflüssigen Schreibtischpöstchen auf bequemen Sesseln, nur mit einzelnen Unterschriften zu leisten, oder gelegentlichen „Favores” für ihre Familien. Mehr und mehr trugen sie prunkvolle Roben, reich behangen mit Schmuck aus Stein, Horn und seit der Gründung von Marfil vor allem auch Elfenbein, auf ihren Wegen durch die Stadt und die Verwaltungsgebäude. Ein tiefer Sumpf ist hier gewachsen.
Um diese Zeit wurde auch, mit dem Beitritt zu Escollinfa, die Verteidigung immer mehr aus der Hand der Insel gegeben. Hinter Escollinfas starker Flotte wollten sich die hohen Herren wie die einfachen Bürger unserer Insel verstecken. Für das Volk wurde der Milizdienst abgeschafft, nur einige Berufs-Milizionäre, oft Abenteurer vom Charakter her, und „Verbindungsoffiziere” zu Escollinfas Truppen, keine Krieger, sondern nur bessere Schreibtischsoldaten, blieben. Die Tage des Ruhmes waren vergangen, die „Días de paz” oder „Tage des Friedens” begannen.

Die Stadt kommt in Sicht – viel hat sich hier verändert! Die Chankra-Kriege haben das Gesicht der Insel verändert, und seit dieser Zeit war ich nun nicht mehr hier. Die Stadt ist wiederaufgebaut, aber vieles wurde kaum aufgebaut schon wieder zerstört, während der IOschen Besatzung und des Bürgerkriegs ihrer Soldaten. Cidade Áurea soll es noch schlimmer ergangen sein – man hat mir gesagt, dort soll eine regelrechte Plünderung stattgefunden haben. Aber die IO sind trotz allem Menschen, und ihre Menschlichkeit hat auch zu den Aufständen unter ihren Soldaten geführt, die bei der Anordnung dieser Plünderung das Übelste verhindert haben. Kein Vergleich zu den gnadenlosen Gräueltaten der unmenschlichen Chankra. Mein Vater muss geahnt haben, dass die Tage des Friedens nicht andauern würden, als er mich gegen die Sitten der Zeit – und gegen den Willen meiner Mutter – noch vor der langen Nacht und vor den ersten Zeichen der Chankra-Kriege auf die Scola Servicante schickte. Aber Weitsicht hat er schon immer bewiesen. Er bündelt schon lange die Handelsressourcen von Oporto Áureo in seiner Hand, besitzt die meisten Kontore in der Stadt. Neben einem großen Anteil des Goldhandels kontrolliert er auch faktisch ein Monopol über den Import von Eisenerzeugnissen, und insbesondere von Waffen. Jetzt wird er wohl zum „El Primero de entre los Iguales” oder „Dem Ersten unter Gleichen” des Rats gewählt werden.
Das Volk steht hinter ihm, seit IOs Überfall und der Plünderung. Die Chankra-Kriege haben trotz ihrer übergroßen Schrecken nicht ausgereicht, um einen Wandel in der Stimmung des Volkes herbeizuführen. Isla Áurea musste kaum leiden in jenen Kriegen. Die Götter haben unser Volk in die Schutzräume geführt, wir haben uns auf die Pritschen dort gelegt, und sind in einen langen Schlaf gefallen. Die meisten Inselbewohner haben nie einen Chankra auch nur gesehen. Wieder einmal hat sich das Volk der Insel von fremden Mächten schützen lassen, und es für eine weise Strategie gehalten. Wieder wurde der Preis der Freiheit nicht bezahlt. Erst mit dem Überfall der IO ist unserem Volk die schreckliche Dummheit dieser Haltung klar geworden. Auch hier kam die treue fremde Hilfe, aber sie kam spät. Wieder wurde mit dem Blut Anderer die Freiheit erkauft. Aber die Bewohner von Isla Áurea haben endlich den Schrecken des Krieges auf dem eigenen Land wieder kennen gelernt. Es wurde das Blut von Bürgern der Insel durch fremde Plünderer vergossen. Die Bürger von Isla Áurea haben bemerken müssen, dass trotz des Endes der Chankra-Kriege die Tage des Friedens vielleicht für immer vorbei sind. Und sie haben sich an die Geschichten der Tage der Angst und der Tage des Ruhmes erinnert. Sie ziehen, wie damals, den Ruhm der Angst vor.
Der Rat will nun neue Heere aufstellen, das Volk an Waffen schulen und den Milizdienst wieder einführen. Aber das Volk fordert von den Ratsherren, dass auch sie wieder ihren Teil des Preises in Blut bezahlen – dass sie wieder ihre Söhne geben. Ratsherren sind zurückgetreten, und haben ihren Platz für Berufs-Milizionäre geräumt. Zwar regiert das Volk nicht die Insel, aber es hat doch die Macht der Straße – und die fordert auch der Inselrat nicht gern heraus. Nur ein Ratsherr hat einen an der Scola voll ausgebildeten Kampfmagier als Blutpreis für die Entscheidungsgewalt zu bieten. Einen Kampfmagier, der in den Chankra-Kriegen gekämpft hat, bis er fern seiner Heimat mit den letzten Kriegern und Kampfzauberern den Rückzug in die Schutzräume sicherte. Einen Kampfmagier, der an der Scola gelernt und in den ersten Jahren nach der langen Nacht dort auch gelehrt hat. Bis er heim auf seine Insel gerufen wurde. Dieser Kampfmagier bin ich.

Wir legen an. Viel Volk steht am Ufer. Sie setzten große Erwartungen in mich. Und es warten viele Aufgaben: Die Insel schützen. Der Insel und Escollinfa dienen. Meinen Teil zur Verteidigung des gesamten Riffes und der Länder Escollinfas außerhalb des Riffes beitragen. Escollinfa hat seine Pflicht der Insel gegenüber erfüllt – wir sind wieder frei von fremder Unterdrückung und Gewaltherrschaft. Jetzt liegt es an uns, auch zur Freiheit von ganz Escollinfa beizutragen. Der Krieg gegen die LosTek ist auch Angelegenheit von Isla Áurea, zu lange haben wir uns mit Gold von unseren Pflichten freigekauft, zu lange mit Gold statt Blut bezahlt.

Genug Gedanken. Ich steige auf's hintere Deck, das Volk am Ufer verlangt mich zu sehen, und meine Worte zu hören. Mein Vater steht am Ufer. Er wird noch vor mir reden, er wird mich der Insel übergeben. Und ich werde meinen Namen ablegen und ein Sohn der Insel werden. Der erste echte Sohn der Insel, seit Generationen. Für meinen Vater hängt viel von diesem Auftritt ab. Für mich führt er in ein neues Leben, vielleicht auch in den Tod. Doch egal ob Leben oder Tod, es geschieht für Isla Áurea und Escollinfa. Für die Hoffnungen des Volkes und für neue Tage des Ruhmes.
Lange habe ich Vater nicht mehr gesehen. Sobald das Volk mich lässt, will ich mich mit ins große Kontor begeben. Er wird mich noch einmal sprechen wollen. Viel Zeit wird nicht bleiben.
Denn Worten müssen Taten folgen. Ich werde gebraucht. Und ich leiste meinen Beitrag.

Bleibt noch nachzutragen, dass Carlos Esteban Hijo Áureo, an vorderster Front gegen die Feinde Escollinfas kämpfend, in den letzten Tagen des Monats Jawan des Jahres 5 n. E. gefallen ist.
Das Reich und der Hohe Rat der Inseln werden ihm ein ehrendes Andenken erhalten. Die Straße auf Isla Áurea von Cidade Áurea zum Cabo de la Guardia wurde zu seinem Gedenken „Carretera Carlos Esteban” („Straße des Carlos Esteban”) benannt.